Aus gegebenem Anlass muss ich heute mal etwas zum Thema Digitalisierung in Deutschland los werden. Es mag sein, dass es sich bei dem Folgenden um Einzelfälle handelt, aber ich weiß auch, dass es viele Bürger betrifft.
Alles digital? Ja bitte
Die meisten Fortschritte in Sachen Digitalisierung wurden uns von der EU diktiert. Wir Deutschen sind anscheinend ja nicht in der Lage, das Eine oder Andere mal vernünftig hin zu bekommen.
Das fängt bei der Verfolgung von Straftaten an und hört im privaten Umfeld auf.
Die Kriminalpolizei ist auf ihr Bundesland eingeschränkt. Die Kripo in Brandenburg kann nicht auf erfasste Straftaten und Täter zugreifen, die z. B. in Hessen erfasst wurden. Es gibt keine bundesweite Straftäterdatei, sondern jedes Bundesland braut sein eigenes Süppchen. Und was innerhalb Deutschland schon nicht funktioniert, funktioniert EU-weit genauso wenig. Der Zuständigkeitsbereich hört an der Grenze des Bundeslandes auf, spätestens jedoch an der Landesgrenze. Es kann ja nicht sein, dass die Kripo in Brandenburg in Hessen nach Amtshilfe ersuchen muss, oder? Aber genau das ist der Fall. Es kann ja wol auch nicht sein, dass die Kripo in Deutschland keinerlei Befugnisse im Nachbarland hat, um Straftäter z. B. festzunehmen. Auzch hier muss erst aufwendig ein Amtshilfeersuchen gestellt werden. Und sowas kann schon mal mehrere Monate dauern.
Das Nächste ist dann in Deutschland die Rentenversicherungsnummer und die Steuer-ID. Beides sind Nummern, die jeder deutsche Staatsangehöriger bereits bei der Geburt zugewiesen bekommt. Eine weitere Gemeinsamkeit dieser Nummern ist, dass sie für jede Person unterschiedlich ist und eine Person somit eindeutig identifiziert werden kann. Und wann werden diese nummern benötigt? Fast nie.
Die rentenversicherungsnummer wird nur bei der Rentenversicherung benötigt und die Steuer-ID wird nur benötigt, wenn man zusätzliches Einommen hat. Doch mit diesen beiden Nummern ist es nicht getan. Jeder Bürger hat ggf. noch weitere eindeutige Nummern wie z. B.
- Steuer-ID bei Finanzamt
- Kundennummer z. B. bei Jobcenter
- Steuer-ID für ein Gewerbe
- Steuernummer
- Gewerbenummer
- Mitgliednummer der Krankenversicherung
Je nach dem, wie umfangreich die Aktivitäten eines Einzelnen sind, können weitere eindeutige Nummern hinzu kommen. Wer ein bisschen über die o. g. Nummern nachdenkt, wird feststellen, dass es sich dabei ausschließlich um Nummern handelt, die durch Behörden oder behördenähnliche Institutionen vergeben werden. Alle diese Nummern sind also mehr oder weniger gesetzlich vorgeschrieben.
Auf Grund der Tatsache, dass man es mit vielen Nummern zu tun hat, ist der Umfang der daraus entstehenden Bürokratie kaum noch überschaubar.
Wie wäre es also, alle aufgeführten Nummern zu den Akten zu legen und nur noch eine Nummer für Alles zu haben?
Dann wäre es kein Problem, dass das Jobcenter in Hessen auf meine Daten zugreifen kann, die z. B. in Hamburg eingegeben wurden.
Bei der Eröffnung eines Girokontos bräuchte man nicht mehr etliche Formulare ausfüllen, sondern nur noch seine Steuer-ID angeben und mit dem elektronischen Personalausweis die eigene Identität bestätigen und schon hat man ein Girokonto.
Das nächste Problem, da ich gerade vom Girokonto spreche, ist die EU-weite IBAN.
Diese 22-stellige eindeutige Nummer soll Überweisungen in der EU vereinfachen und schneller machen. Hierfür gibt es eine Sepa-Verordnung, an die sich jeder seit einigen Jahren halten muss. Doch irgendwie glauben die deutschen Behörden, etwas Besseres zu sein und sich nicht daran halten zu müssen. So ist es mir vor ein paar Jahren passiert.
Ich sollte Geld von einer deutschen Behörde ausgezahlt bekommen und habe meine IBAN meines Kontos angegeben. Problem: Ich hatte zu dem Zeitpunkt lediglich ein Konto bei der niederländischen Bank BUNQ, zwar mit deutscher IBAN, aber dennoch gab es Probleme. Die Behörde teilte mir doch tatsächlich mit, dass sie kein Geld ins Ausland überweisen können und ich ein Konto bei einer deutschen Bank benötige. Die Behörde, wie übrigens alle deutschen Behörden, halten sich nicht an die eigene Sepa-Verordnung, in der es u. A. heißt, dass Geldzahlungen im gesamten Sepa-Raum möglich sein müssen. Die Tatsache, dass Behörden davon ausgenommen sind, ist nirgendwo in der Verordnung zu finden. In der Verordnung heißt es jedoch, dass der, der sich nicht an die Verordnung hält, mit einer Geldstrafe bestraft werden kann. Kann es sein, dass hier seitens des Bundes eine Selbstanzeige ansteht?
Digitalisierung im privaten Bereich
Ja, es funktioniert. Ach ne, doch nicht.
Der schöne neue Personalauweis mit der hoch gelobten E-ID Funktion. Nur schnell den Ausweis auf den Kartenleser legen, die eigene 6-stellige Pin eingeben und schwups, hat man sich identifiziert. Ja, schön wär’s, wenn es denn funktionieren würde.
Sich mal eben bei einer Behörde online mit dem Personalausweis einloggen? In der Theorie kein Problem, doch die Praxis stellt einem manchmal vor große Hörden. Wenn das Einloggen mit dem Personalausweis vor einer Woche noch problemlos funktionierte, ist es Glückssache, wenn der gleiche Vorgang heute noch funktioniert.
So habe ich mich vor einer Woche auf einer Webseite mit dem Personalausweis erfolgreich eingeloggt. Doch heute, gerade eine Woche später schlägt der gleiche Vorgang fehl, weil mein Login ungültig ist. Ich habe das selbe Lesegerät und den selben Personalausweis auf der selben -w-ebseite genutzt und heute funktioniert der Loginvorgang nicht? Das ist völlig unlogisch und jegliche Entschuldigung des Webseitenbetreibers ist überflüssig. Wenn man schon die Möglichkeit anbietet, sich mit dem Personalausweis einzuloggen, muss das auch funktionieren.
Übrigens; 2 Stunden später hat es dann doch funktioniert. Also zuverlässig ist etwas Anderes.
Hast Du gewusst, dass Deutschland in Sachen Digitalisierung im Jahr 2024 innerhalb der EU auf einem der letzten Plätze steht? Sogar die Niederlande oder Österreich sagen von Deutschland, dass wir ein digitales Entwicklungsland sind. Wir haben es in mehr als 25 Jahren nicht einmal geschafft, auch nur 5 % der Möglichkeiten auszuschöpfen. Das trifft leider auch auf die Telekommunikation in Deutschland zu.
Man bedenke nur mal, wie weit das FAX in Deutschland noch verbreitet ist, ein altes analoges Übertragungssystem für rechtskräftige Dokumente aus den 80er Jahren des letzten Jahrtausends. Erst in den 200er Jahren wurde die Üetragungstechnik von analog auf digital umgestellt und das funktioniert leider mehr schlecht als vernünftig. Während in den 80er und 90er Jahren eine Faxseite ca. 1 Minute zur Übertragung benötigte, geht die Übertragung trotz digitalisierung heute nicht schneller, geschweige denn fehlerfreier vonstatten.
In den 90er Jahren war Deutschland noch Vorreiter moderner digitaler Übertragungstechnik; Stichwort ISDN. ISDN wurde in Deutschland eingeführt und von vielen Nachbarstaaten übernommen. Während sich unsere Nachbarstaaten weiter entwickelt haben, ruhte sich Deutschland auf ISDN bis weit in die 2000er Jahre aus. Ergebnis: Deutschland geriet ins Hintertreffen und hat bis heute Probleme, technisch aufzuholen. Während in anderen EU-Ländern schnelle Internetverbindungen mit bis zu 1000 MBit auch in ländlichen Gegenden kein Problem sind, schafft es Deutschland nicht einmal in den Großstädten, eine entsprechende Leitung flächendeckend anzubieten. Von ländlichen gegenden außerhalb der Großstädte will ich gar nicht erst anfangen, zu reden. Fakt ist, dass man schon froh sein kann, wenn man in einem kleinen Ort eine 16 MBit Leitung bekommt. Bundesweit sind nicht einmal 10 % aller Haushalte mit Glasfaser angeschlossen, das eine Voraussetzung für eine 1000 MBit Leitung ist. Bei uns im Ort mit 200 Einwohnern sowie im näheren Umkreis mit ca. 600 Haushalten können wir erst seit Ende 2022 von einer Internetleitung mit 200 MBit profitieren. Das aber auch nur, solange der Anschluss nicht weiter als 100 Meter vom Verteilerkasten entfernt ist, denn vom grauen Verteilerkasten bis ins Haus bestehen weiterhin veraltete, teils marode Kupferkabel. Kupferkabel können aber mit viel Glück nur 100 MBit leisten und je länger das Kupferkabel, um so niedriger die Geschwindigkeit. So gibt es bei uns im Ort noch Haushalte, die sich mit einer 384 KBit DSL-Leitung zufrieden geben müssen. Es sei denn, sie steigen komplett auf LTE um, denn seit 2020 ist hier LTE mit bis zu 250 MBit möglich. Glasfaser liegt hier lediglich bis zum Ortseingang bis zum Verteilerkasten an der Straße. Ab dort nur noch Kupferkabel. Während ich eine 200 MBit Leitung bekommen habe, kann mein Nachbar in 50 Meter Entfernung gerade mal 32 MBit bekommen und dessen Nachbar sogar. nur noch 6 MBit. Daneben steht das Haus der Feuerwehr, die bis 2021 mit einer 384 KBit Leitung auskommen musste. Dort wurde ein Glasfaserkabel gelegt und nun hat die Feuerwehr eine 500 MBit Leitung, die direkten Nachbarn profitieren davon allerdings nicht und dürfen sich an 2 bis 6 MBit erfreuen.
Schöne digitale Welt, kann man dazu nur sagen.
Doch mal weg vom Internet und dessen Geschwindigkeit. Diese teils mangelnde Geschwindigkeit machte sich gerade von 2020 bis 2023 negativ bemerkbar. Arbeitnehmer konnten theoretisch im Homeoffice arbeiten, praktisch war das jedoch mit 6 MBit kaum möglich. Schüler konnten zu Hause am Unterricht teilnehmen, wenn sie wenigstens 16 MBit zur Verfügung hatten und selbst dann gab es immer wieder Störungen. Lehrer waren mit der Übertragungstechnik hoffnungslos überfordert und dementsprechend sah der Unterricht aus. Viele Schulen hatten nicht einmal einen Anschluss ans Internet, so dass Fernunterricht gar nicht möglich war.
Nicht nur meckern
Ja, ich will ja nicht nur meckern, auch, wenn es schwer fällt. Natürlich hat sich in Deutschland in den vergangenen 10 Jahren bezüglich Digitalisierung so Einiges zum Positiven entwickelt. So ist es mittlerweile möglich, sich online Arbeitssuchend zu melden, das eigene KFZ an- und umzumelden oder sich an einen anderen Wohnort zu registrieren. Auch kann die Steuererklärung mittlerweile online erfolgen.
Die neueste digitale Errungenschaft ist seit Jahresanfang das elektronische Rezept.
Man braucht dafür im Prinzip nur eine neue Gesundheitskarte mit NFC-Logo und einen 6-stelligen Pin, den man von seiner Krankenkasse bekommen kann. Wird nun vom Arzt ein Medikament verordnet, bekommt man kein Papier in die Hand gedrückt, sondern geht mit seiner Gesundheitskarte zur Apotheke. Der Apotheker liest die Karte ein, verbindet sich mit einem Server und ruft Dein Rezept ab. Allerdings hast Du so keinen Überblick über die verordneten Medikamente. Willst Du aber wissen, was Dir verordnet wurde, benötigst Du eine App für Dein Smartphone, den 6-stelligen Pin von der Krankenkasse, die CAN, die auf der Gesundheitskarte steht und vor allem verdammt viel Geduld.
Installiere die App auf Deinem Smartphone und richte sie ein. Doch sei beim Einlesen der Gesundheitskarte sehr sehr sehr geduldig, denn das klappt eigentlich nie gleich beim ersten Mal. Bei mir hat es zum Beispiel gar nicht funktioniert, auch nicht nach dem 20. Versuch. Ob das an der installierten App „e-Rezept“ liegt, an meinem Smartphone oder an der Gesundheitskarte, ist nicht nachvollziehbar. Es erschien bei mir jedenfalls immer die Meldung „Karte nicht gefunden“. Und auch hier wieder: schöne heile digitale Welt.
Ja, aber nur, wenn sie auch funktioniert.
Ich könnte wohl noch viele Beispiele für mißlungene Digitalisierung bringen, aber soll ich an dieser Stelle wirklich 100 DIN A4-Seiten schreiben?
Was denkst Du über die Digitalisierung in Deutschland und der EU auch im Hinblick darauf, dass bald der Personalausweis und der Führerschein digitalisiert und nur noch als App auf dem Smartphone vorhanden sein werden?
Sehen wir das Ganze doch mal ganz nüchtern.
Deutschland hängt in Sachen Digitalisierung dem Rest der Welt um wenigstens 15 Jahre hinterher. Bis etwa 2000 waren es noch 10 Jahre und bis 1990 war Deutschland dem Rest der Welt sogar 5 Jahre voraus. Anders ausgedrückt; Deutschland hat in 30 Jahren Digitalisierung locker 15 Jahre verschlafen und es ist keine Besserung in Sicht.
Wenn Deutschland in Sachen Digitalisierung ein kleines Stückchen voran kommt, dann nur deshalb, weil es die EU vorschreibt. Eigeninitiative Fehlanzeige.
Wenn man sich dann vor nicht einmal 5 Jahren von unserer damaligen Kanzlerin anhören musste, dass das Internet für Deutschland Neuland ist, wird einem ganz schlecht. Wieso soll eine über 20 Jahre alte Technologie plötzlich Neuland sein? Diese Aussage unserer Kanzlerin zeugt doch von totaler Unwissenheit. Oder war das Absicht?
Dazu kommt noch, dass man das Gefühl nicht los wird, dass für unsere derzeitige Regierung aus den Ampelparteien das Internet regelrechtes Teufelszeug ist und eigentlich verboten gehört.
Mit SPD, FDP und GRÜNE zurück in die Steinzeit. Statt Deutschland zu modernisieren, lieber Radwege für Peru, Ökokühlschränke für die Mongolei und Kriegswerkzeug in die Ukraine.
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